Mein Freund Zimmermann

Buchcover Mein Freund Zimmermann

Zimmermann, fiktiver Freund des Autoren und (sympathischer) Schrecken seiner Umgebung, wird nicht müde, durch immer neue, verrückte Ideen und Taten die Nerven seiner Mitbürger und seines Freundes zu strapazieren.

Ob als Führerschein-Anwärter, Erfinder, Löwenbändiger oder lediglich Tourist verblüfft oder erschreckt er seine Mitbürger und lässt den Leser – hoffentlich – schmunzelnd und zufrieden zurück.

Im vorliegenden Band 28 lustige und spannende Geschichten über den interessanten Schwerenöter und ‘Tunichtgut’ Zimmermann.

Leseprobe aus MEIN FREUND ZIMMERMANN….wie er leibt und lebt..!!

Die Toilettenfrau

Eine Feindschaft kann oft aus nichtigstem Anlass entstehen. Ein falsches Wort; eine missverstandene Geste – und schon ist es passiert…. Die beste, dickste und innigste vorherige Freundschaft zählt dann nichts mehr.

In unserer Stadt gibt es eine Bedürfnisanstalt ( … es gibt natürlich mehrere, doch kommt es hier nur auf diese eine an.) althergebrachten Stiles, jedoch peinlich sauber, ja reinlich.

Wenn ich sage, althergebracht, so meine ich damit, dass keine seelenlosen Automaten angebracht wurden, in welche man eine Münze einzuwerfen hat, um anschließend sein natürlichstes Bedürfnis verrichten zu dürfen. –

Nein ! In u n s e r e r Anstalt sitzt eine leibhaftige Toilettenfrau, die mit scharfem Auge darüber wacht, dass kein Schmutzfink diesen Ort in irgendeiner Weise verschandelt !

Im Vorraum, der als neutrale Zone die Örtlichkeiten der beiden Geschlechter trennt, steht ein kleines Tischchen, auf welchem ein Keramikteller seinen Platz hat. Auf diesen Teller entrichtet man freiwillig seinen Obolus nach Verrichtung seiner Geschäftlichkeiten.

Ich sage freiwillig, weil dieser Ort von unserer Stadt zur freien Benutzung durch ihre Bürger eingerichtet wurde. — Allerdings kenne ich Keinen, der es wagen würde, angesichts der strengen Miene der Herrscherin dieses kleinen Palastes, selbigen ohne Hinterlegung eines Tributes zu verlassen.

Besagte Herrscherin thront auf einem Stuhle, welcher neben dem kleinen Tischchen steht. – Wehe dem Schuldigen, der ihr Anlass gäbe, sich Seinetwegen von diesem Stuhle erheben zu müssen !

– Sie besitzt nicht nur ein scharfes Auge, sondern ein ebensolches Ohr. Somit erkennt sie vom bloßen Klang einer Münze deren Gegenwert. – Bis heute ist kein Fall verbürgt, dass Einer gewagt hätte, ihr Ohr durch einen Missklang zu beleidigen….

Witze werden gemacht, – doch nur hinter vorgehaltener Hand und weitab von jener Örtlichkeit.

So werden etwa Spekulationen darüber angestellt, wie sie wohl mit Jenem verfahren würde, der die Kaltblütigkeit oder Dummheit besäße, ihr eines Tages doch eine zu geringe Münze in ihren Teller zu legen. Ob sie ihn wohl nach Strich und Faden verhauen, oder, – schlimmer noch – ihn einfach heiraten würde … Oder :

„Wird der Stuhl sich mit ihr erheben, wenn sie tatsächlich einmal aufsteht ?“

Jedermann weiß, dass sie sich sehr wohl erhebt – und dies viele Male jeden Tag. – Die Reinlichkeit dieser Anstalt ist einzig und allein ihr zu verdanken. – Man sieht sie eben nur niemals bei ihrer Tätigkeit.

Auch der Stuhl ist Gegenstand des heimlichen Spottes:

„Es muss Vorkriegsware sein. Ein moderner Stuhl würde sie niemals aushalten !“

Tatsächlich ist die Dame eine gewichtige Persönlichkeit; – auch in Bezug auf ihre rein körperlichen Qualitäten.

Eines Tages nun – ich komme gerade von meinem Schneider – will ich mein etwas von der Innenstadt entfernt geparktes Auto aufsuchen. Schräg gegenüber – aus meiner Blickrichtung – liegt das berühmt–berüchtigte städtische Gebäude der körperlichen Erleichterung.

Etwas erregt meine Aufmerksamkeit – und ich sehe einen Mann in höchster Eile aus der Tür besagten Gebäudes rennen….

Ich verhalte meinen Schritt und schon sehe ich – – die Toilettenfrau…!!

Sie hat nicht nur ihren Platz auf ihrem angestammten Stuhl verlassen, – nein – sie hat tatsächlich ihren Fuß auf die Straße gesetzt und ist sogar zwei bis drei Meter weit in Richtung des flüchtenden Mannes gelaufen !

– Wie angewurzelt stehe ich da. Vermutlich wird die regionale Presse morgen über diese Sensation berichten !

Die Frau ist stehengeblieben, schwenkt ihren weißen Lappen, welchen sie ständig in Händen hält, drohend hinter dem Flüchtenden her. Ich kann, aufgrund des Verkehrslärms, nicht verstehen, was sie dem armen Teufel hinterherruft, doch ist es mit Sicherheit nichts Liebenswürdiges. – Nun erkenne ich auch den Beschimpften :

Es ist …. mein Freund Zimmermann ! – Er ist nun auch stehengeblieben, – nach gut vierzig Metern –

hält sich die Seiten und japst nach Luft. Puterrot ist er im Gesicht von der Anstrengung der Flucht. –

Puterrot auch die Toilettenfrau. – Doch sie vor Zorn. Auch sie stemmt nun die Hände in die Seiten, – was aber hier als Drohung zu verstehen ist.

Zimmermann deutet dies richtig und macht sich wieder daran, diesen immer noch gefährlichen Ort schleunigst zu verlassen.

Sie könnte ja…..

`Mein Gott, ́ fährt es mir durch den Kopf, `sie weiß, dass wir befreundet sind ! ́

Auch ich ergreife jetzt die Flucht, bevor sie mich noch erblicken kann. – Endlich außer Sicht– und Hörweite, werde ich von einem Lachanfall geschüttelt.

In der Entfernung erblicke ich meinen Freund, der abermals eine Verschnaufpause eingelegt hat und sich ängstlich umsieht. – Was mag er nur angestellt haben? Ich beschleunige meinen Schritt und überquere die Straße bei der nächsten passenden Gelegenheit. – Schon bald habe ich den Übeltäter eingeholt und lege ihm schwer die Hand auf die Schulter….

„Aaah !“

Mit beiden Händen versucht er, seinen zwischen die Schultern gezogenen Kopf zu schützen.

„Nanu; – was hast du denn,“ frage ich harmlos, „hast du wieder einmal ein schlechtes Gewissen ?“

Er erkennt seinen Fehler; schaut sich dennoch vorsichtig um.

„Die Toilettenfrau,“ flüstert er, „sie ist übergeschnappt; – einfach verrückt geworden.“

„Ich weiß,“ flüstere ich zurück, „ich habe euch beobachtet. Als sie merkte, dass sie dich nicht mehr einholen kann, ist sie zur nächsten Telefonzelle gelaufen. Ich folgte ihr – und als sie die Zelle wieder verließ, habe ich die Wahlwiederholungstaste gedrückt, weil ich wissen wollte, mit wem sie wohl gesprochen hat.“

„Ja – und-? – Mit wem hat sie telefoniert ?“

„Mit dem Standesamt,“ lüge ich weiter, „ich sehe rabenschwarz für dich!“

„Lass doch den Unsinn!“

Er hat nun gemerkt, wohin der Hase läuft und kann sich nicht im Geringsten darüber amüsieren. –

Ich hingegen umso mehr.

„Du wirst sie heiraten müssen; – das ist das Mindeste. – Was hast du eigentlich angestellt?“

„Nichts. Sie ist verrückt geworden. – Mein Gott, wie schnell sie aus ihrem Stuhl kam!“

Wir haben mein parkendes Fahrzeug erreicht und steigen ein.

„Komm mit zu mir nach Hause; dort kannst du bei einem Bier in Ruhe alles erzählen.“

Wir fahren los und sind bald darauf in meinem Heim, wo ich Zimmermann nötige, die Wahrheit, – und nichts, als die Wahrheit, – zu erzählen.

Der noch immer Verstörte trinkt in großen Zügen, wobei er immer wieder erklärt, dass er nicht die geringste Ahnung habe, was in die Frau gefahren sei. –

Ich glaube ihm. – Er hat wirklich nicht die leiseste Ahnung!

…. Er sei in die Örtlichkeit gegangen, habe eine nur kleine Pflicht erfüllt, dann brav seine Münze in den Teller gelegt, um sodann den Ort wieder zu verlassen. Er hatte noch nicht die Ausgangstür erreicht, als er diesen furchtbaren Schrei hörte.

„Wie kann eine so dicke Frau eine solch schrille Stimme haben? – Ich drehte mich um und sah, wie sie – schnell wie ein Blitz – aus ihrem Stuhl schoss und auf mich zukam. – Da bin ich los gerannt …“

„Sie muss doch etwas gesagt haben. – Was hat sie gesagt ?“

„Sie hat nur geschrien. – Du hättest sie hören sollen ! – Es lief mir eiskalt den Rücken herunter !“

Ich schmunzle :

„Mir läuft es eiskalt den Rücken hinab, wenn ich mir ausmale, was sie wohl mit dir anstellen wird, wenn sie dich in ihre Finger bekommt.“

„Schöner Freund,“ brummt er, „… du musst mir helfen. – Finde heraus, was der Anlass für ihren Anfall war. – Ich kann es mir einfach nicht erklären.“

Ich wehre mich:

„Was, wenn sie dann erneut außer sich gerät? – Ich denke gar nicht daran, ein solches Risiko einzugehen !“

„Du musst !“

– – Womit diese Frage ein für allemal geklärt ist. – Ich muss..! Ich mache einen letzten, schwachen Versuch:

„Vielleicht hast du getröpfelt? – Bestimmt hast du getröpfelt!“

Er überlegt. – – Dann….

„Ausgeschlossen! Wie sollte sie das wissen? Sie saß doch in ihrem Stuhl.“

„Diese Frau weiß alles! – Hast du das vergessen?!“

Wieder blickt er mich ängstlich an.

„Du musst mir helfen! – Ich kann nicht an dieser Toilette vorbeigehen, ohne dass ich einen gewissen Druck verspüre. – Es ist wirklich eigenartig.“

Er wird also auch weiterhin gezwungen sein, sich mit der resoluten Dame auseinanderzusetzen – und an mir wird wieder einmal alles Unerfreuliche hängen bleiben…

Vor meinem nächsten Stadtbesuch trinke ich eine Unmenge an Kaffee. – Ich würde mich nie getrauen, der resoluten Madam mit leerer Blase unter die Augen zu treten. Sie wüsste es sofort!

Ich gehe so lange spazieren, bis ich mich bereit fühle, den Ort der Zimmermann’schen Niederlage aufzusuchen. – – Dann ist es soweit!

Ich betrete den Vorraum und kann ein Zittern meiner Hände nicht verhindern. Um Gotteswillen! Jetzt nur nicht tröpfeln …! – Nur nicht!!

Nach Erledigung des Geschäftlichen wasche ich mir betont langsam die Hände. Ich weiß, dass sie mich beobachtet. Ich spüre ihren Blick in meinem Nacken! – Soll ich …? Soll ich nicht …? – – – Ich beiße die Zähne zusammen und beschließe, dass ich …… nicht soll !!

Ein andermal. – Ich werde den geordneten, intelligenten Rückzug antreten !

Mit fahrigen Händen ziehe ich meine Brieftasche hervor, trete vor sie hin – und in Ermangelung jeglicher Münzen ( ich habe sie Zuhause alle entfernt…) ziehe ich einen Schein hervor und lege diesen mit devoter Geste in ihren Teller. – Unbeeindruckt fährt sie mich an :

„Sind sie nicht ein Freund dieses …, dieses …“

Es folgt die Beschreibung des Übeltäters. — Ich leugne rundweg:

„Freund wäre zuviel gesagt. – Wir sind Bekannte….“

„So,so; – Bekannte …!“ Sie stößt es spitz hervor.

Ich gebe mich interessiert:

„Hat er etwas angestellt ? – Sähe ihm ähnlich !“

„Tun Sie doch nicht so !! Sie standen doch auf der anderen Straßenseite an jenem Tag. – Ich habe Sie gesehen !“

Zerknirscht räume ich mein Vergehen ein, – doch bleibe ich dabei, dass weder er, noch ich wüssten, warum und weshalb die Dame so aufgebracht gewesen sei.

„Aufgebracht ?! – Schauen Sie sich d a s an ! – Dieser Falschmünzer !!“

Mit diesen erregt hervorgestoßenen Worten hält die Toilettenfrau mir eine Münze unter die Nase.

„D a s hat er in m e i n e n Teller gelegt !!“

Ich betrachte mir die Münze genauer und erblasse. Es ist eine türkische Lira–Münze von äußerst geringem Wert! Die Sache ist weit schlimmer, als befürchtet!!

Ich verspreche, ihn zur Rede zu stellen und ihn aufzufordern, sich bei ihr zu entschuldigen. – Doch damit gieße ich nur Öl ins Feuer…

„Entschuldigen ?!! – Dafür gibt es keine Entschuldigung ! – – Nicht dafür !! – Ich lasse mir ja viel gefallen, – – aber so etwas …!!“

Unruhig trete ich von einem Fuß auf den anderen. – Warum lässt sie mich nicht gehen ?

(Ich sollte ihr zu Weihnachten anonym einen Rasierapparat schicken ! – Hoffentlich hat sie jetzt meine Gedanken nicht gelesen ! )

– Endlich das befreiende Wort !

„Gehen Sie! Bestellen Sie Ihrem F r e u n d , dass diese Sache noch Konsequenzen haben wird !“

Ich getraue mich nicht, zu fragen, ob diese Konsequenzen eventuell in einer späteren Heirat mit meinem Freund – äh, – Bekannten, bestünden – und mache stattdessen, dass ich diesen Ort eilends verlasse.

Ich bin jetzt nicht in der Lage, mein Auto zu steuern; – also setze ich mich in eine Kneipe und trinke einen Klaren zur Beruhigung. Mit dem zweiten bestelle ich mir ein Bier.

Ein bisschen stolz bin ich schon auf mich. – Der habe ich es aber gezeigt! — Habe ich doch glatt geleugnet, Zimmermanns Freund zu sein! – Das wird ihr eine Lehre sein….!

Nach dem dritten Bier lasse ich mir ein Taxi rufen, welches mich nach Hause bringt. – Das Mittagessen fällt heute aus. Ich lege mich auf die Couch und schlafe sofort ein….

Am späten Nachmittag werde ich durch das Klingeln des Telefons geweckt. Der Falschmünzer will wissen, ob ich in seiner Sache bereits tätig war.

Noch leicht benommen, erzähle ich ihm von meiner heutigen Exkursion an den Ort seiner Übeltat und berichte über das dort stattgefundene Gespräch.

„Was soll ich nur tun,“ fragt er weinerlich, nachdem er von den drohenden Konsequenzen gehört hat, „was soll ich bloß machen ?“

„Pinkle Zuhause,“ erwidere ich und lege auf. –

Ich bereite mir einige belegte Brote und verzehre sie. Danach fühle ich mich wieder etwas besser.

Es gelingt mir, nun auch die komische Seite der Zimmermann’schen Affäre zu sehen. – Was wird er wohl anstellen, um gefahrlos weiterhin seine Stammtoilette besuchen zu dürfen? – Meine Arbeit in dieser Sache ist getan, so dass ich mich beruhigt zurücklehnen und als Zuschauer den weiteren Verlauf dieses Lustspieles verfolgen kann.

Ich bereite mein Abendessen vor und verbringe den restlichen Abend vor dem Fernseher und mit Lesen. – – Meinen Wagen werde ich morgen vormittag abholen.

Während der nächsten vier, fünf Tage erkundige ich mich fortwährend bei meinem verzweifelten Freund nach dem Stand der Dinge. Er hat bis jetzt keinerlei Fortschritte zu verzeichnen. ( Hoffentlich zieht er sich kein Blasenleiden zu ! )

Es ist eine fatale Verbindung: – – Zimmermann und der Drache im städtischen Bedürfnis-Schloss. Haha ! – Bedürfnis ! – Zimmermann hat das Bedürfnis, die Anstalt aufzusuchen aufgrund eines natürlichen Bedürfnisses; – der Drache hat das Bedürfnis, ihm dieses Bedürfnis so schwierig als möglich zu gestalten…!

Am Samstagnachmittag verspüre ich das Bedürfnis, ( ha,ha ! ) dem Café Kuhn einen Besuch abzustatten.

Ich rufe meinen verhaltensgestörten Freund an und frage ihn, ob er mich begleiten möchte.

Er mag. Ich hole ihn ab und wir fahren zu unserem Lieblings–Café…

Zimmermann wirkt erstaunlich aufgeräumt. Auf meine diesbezügliche Frage erklärt er, dass es ihm hervorragend gehe; – es somit keinen Grund gäbe, Trübsal zu blasen. Diese Antwort erstaunt mich – und ich will nicht lockerlassen.

Wir haben das Café erreicht, setzen uns und bestellen Kaffee und Kuchen. Ich bohre weiter:

„Was ist aus deinem hm, – Münzproblem geworden ? Hast du eine Ersatzanstalt gefunden ?“

Die Antwort ist überraschend:

„Nein; – warum auch ? Ich gehe nach wie vor dorthin. – Warum sollte ich auch nicht ?“

Er kaut mit vollen Backen weiter.

„Du lügst,“ sage ich ihm auf den Kopf zu, „du hast eine Heidenangst vor der Frau und traust dich vermutlich nicht einmal in die Nähe der Anstalt.“

„Pah,“ ist seine ganze Antwort.

Seine gespielte Gleichgültigkeit ärgert mich immens.

„Wir wollen anschließend dorthin gehen. Du wirst hineinspazieren und für mindestens drei Minuten drinnen bleiben. – Ich werde dich von der anderen Straßenseite aus beobachten.“

„Warum nicht ?“

Wieder dieser Ton. – Am Liebsten würde ich ihn zu Kokosraspeln verarbeiten ! – Ich dränge zum Aufbruch. – Bereitwillig ruft Zimmermann die Bedienung herbei und bezahlt gar noch die Rechnung!

Wir machen uns auf den Weg zu seiner Niederlage. Kurz vor unserem Ziel wechsle ich die Straßenseite, um von gegenüber aus sicherer Entfernung einen guten Blick auf das Geschehen zu haben.

Was ich dann zu sehen bekomme, lässt mir das Blut in den Fingernägeln gefrieren!!

..Der Größenwahnsinnige betritt erhobenen Hauptes ( !! ) das Reich des dicken Drachens und verlässt es nach mehr als fünf Minuten wieder – erhobenen Hauptes !!

Er gibt mir Zeichen, zu ihm auf die andere Straßenseite zu kommen, doch meine inneren Rädchen scheinen stillzustehen. – Ich kann mich nicht bewegen! Schließlich kommt Zimmermann zu mir herüber.

„Was hast du,“ fragt er vom Hohen Ross, „hältst du Maulaffen feil?“

Ich rapple mich auf und setze Schritt vor Schritt. Wir passieren das Eingangstor des Stadtparks und ich fasse seinen Arm und ziehe ihn in den Park.

„Ich muss mich setzen. Komm mit.“

Wir steuern eine nahe Parkbank an und lassen uns darauf nieder.

„Wie hast du das angestellt,“ flüstere ich heiser, „sag’ mir, was du mit ihr gemacht hast.“

Nonchalant schlägt er ein Bein über das andere.

„Man muss eben mit Frauen umgehen können!“

„…. und du kannst das?“

Erstaunt blicke ich ihn an.

„Jawohl, ich kann das!“ Dies im Brustton der Überzeugung.

„Man muss ihnen zeigen, wer der Herr im Hause ist, – wer die Hosen anhat! Wenn du das nicht kannst, tanzen sie dir auf dem Kopf herum! – Nun, ich habe es ihr gezeigt. Mir wird sie nicht auf dem Kopf herumtanzen!“

– – Zimmermann als Chauvinist ! – Ein völlig neues und fremdes Bild.

Mir kommt ein Verdacht:

„Du hast mich hereingelegt! Sie war gar nicht da. Sie ist in Urlaub und hat eine Vertretung…. Ja; ..so muss es sein !“

Er lässt sich nicht aus der Ruhe bringen:

„Geh’ und schau nach.“

– Ich gehe die wenigen Meter und schaue nach. Vorsichtig spähe ich durch die offene Tür.

– Da sitzt sie; – gewichtig wie eh und je! Ich kehre zurück zu dem Drachentöter und setze mich wieder an seine Seite.

„Du hast sie geheiratet! Eine andere Erklärung gibt es nicht. – Hast du sie geheiratet?“

„Lass’ den Blödsinn ! Selbstverständlich habe ich sie

n i c h t geheiratet! Was soll das?!“

Ich will nach Hause. Ich will zurück in mein Bett! – Die Welt ist eine andere geworden. – Ich verstehe sie nicht mehr. – Ja, bin ich denn ein Idiot geworden, dass mich jeder hergelaufene Zimmermann austricksen kann?

Wir fahren zurück nach Hause. Ich muss nachdenken…..

Binnen weniger Tage hat sich die Heldentat in der Stadt herumgesprochen:

`Zimmermann der Drachentöter! ́`Siegfried Zimmermann! ́ ( Er heißt Peter. Schlicht und einfach Peter! ) Ich rufe ihn an.

„Wir werden den Toilettengang wiederholen ! Doch diesmal werde ich dich nicht aus den Augen lassen. Ich werde mit nach Drinnen kommen !“

Er ist einverstanden.

Nach dem obligatorischen Besuch im Café Kuhn wiederholen wir den damaligen Gang, mit dem Unterschied, dass ich ihm diesmal auf den Fersen folge. Er tritt in den Vorraum des Palastes – äh, der Bedürfnisanstalt, – ich hinterher. Ich spähe über seine Schulter.

Der gewesene Drache sitzt- wie gewohnt – in seinem Stuhl. Ein Blick; – ein zweiter.- die gewichtige Dame erhebt sich mit einer Geschwindigkeit, welche ich nicht für möglich gehalten hätte!

Ich ziehe mich vorsichtshalber einen halben Schritt zurück. Sie breitet die Arme aus:

„Ja, der liebe Herr Zimmermann! Wie nett, Sie zu sehen! Treten Sie ein ! ( `Treten Sie aus, ́ denke ich bei mir…) Sie sind mir doch der liebste Kunde! Bitte sehr, – gleich die erste links !“

Ich bin baff: Ich folge ihm zögernd und stelle mich dann ganz nach hinten rechts.

Nach Verrichtung des zu Verrichtenden gehen wir zurück in den Vorraum. – Wieder erhebt sich die Besiegte – und bekundet somit ihre Demut.

„Noch einen recht schönen Tag, meine Herren !“

Diesmal bezog sie mich wenigstens mit ein in ihren Gruß…..

Wir fahren nach Hause. Ich serviere dem Gigolo ein Bier und einen Klaren.

„Ich werde ein Buch über dich schreiben,“ drohe ich, „ein Buch über dein gesamtes Leben, wenn du

mir nicht auf der Stelle erzählst, wie du das bewerkstelligt hast!“

Er zögert; – dann:

„Nun, ich habe ihr einfach wieder eine ausländische Münze auf den Teller gelegt. Damit habe ich sie ein für allemal zum Schweigen gebracht. – Es hat ihr einfach die Sprache verschlagen.“

Donnerwetter ! – Soviel Mut hätte ich ihm niemals zugetraut. – Meine Hochachtung ! Soviel Mut und Witz, – allerhand ….!

Bei meinem nächsten Stadtbesuch komme ich auch an der bekannten Örtlichkeit vorbei. Ich beschließe, einen Abstecher in selbige zu machen.

„Ja, der Freund des lieben Herrn Zimmermann. Schauen Sie auch einmal wieder vorbei ?“

Mein Blick fällt auf einen gefassten Anhänger an ihrem Hals. Sie bemerkt meinen Blick.

„Ja, sehen Sie nur ! Das hat er einfach auf meinen Teller gelegt !“

– – Es ist ein echter, goldener Krüger–Rand…..