Des Teufels Hand

Buchcover Des Teufels Hand

In `Des Teufels Hand´ wird das Leben des Andreas Gabriel Klein beschrieben, der vom `Vorzeigekind´ seines Geburtsorts zum Terroristen und vielfachen Mörder wird.

Unzufrieden mit der Ungerechtigkeit der Wohlstandsgesellschaft, macht sich Andreas Gabriel Klein auf nach Indien, um dort ein besseres und gerechteres Umfeld zu finden, wird jedoch auch dort enttäuscht, kehrt zurück nach Deutschland, nur um erneut das nun auch ungeliebte Indien wiederholt zu besuchen, wobei er beim dritten Besuch endlich das ersehnte Ziel gefunden zu haben glaubt….

Doch wiederum lassen ihn verfehlte indische Politik und Ungerechtigkeit der Inder `seinen Eingeborenen´ gegenüber nicht zur Ruhe kommen. Andreas Gabriel Klein engagiert sich im

bewaffneten Kampf nicht nur in Indien, sondern auch in Deutschland, wird letztendlich verhaftet und verbringt etliche Jahre in deutschen Gefängnissen, nachdem er nicht politisch motivierte Überfälle verübte.

Klein kehrt nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis erneut nach Indien zurück, um festzustellen, dass seine Eingeborenen sich nunmehr in nichts von den verhassten schwarzen Indern unterscheiden. Der Verbitterte unternimmt einen privaten Rachefeldzug, bei welchem es ihm letztendlich nur noch darum geht, so viele der verhassten Inder als nur irgend möglich, zu `beseitigen´.

Erst der unbeabsichtigte Tod eines japanischen Kindes, den Klein zu verantworten hat, lässt Diesen wieder zu sich kommen und er stellt sich den Behörden…..

Leseprobe DES TEUFELS HAND

Der Kampf

Wenn ich hier, wie auch an späterer Stelle, Namen von Orten und Ländern verschweige, so geschieht dies mit voller Absicht. Habe ich bisher alles aus meinem Leben erzählt, so wird dies von nun an nicht mehr möglich sein; dies zum Schutze anderer Menschen und Regierungen.

– Gewalt. – Was war Gewalt ? War Gewalt etwa nur körperlicher Natur ? Eindeutig Nein !

Was die Inder in Bezug auf die Eingeborenen ihres Landes taten, war auch Gewalt; Gewalt übelster Prägung.

Sie vergewaltigten Deren Seele und Naturell und nach meiner festen Überzeugung war das Naturvolk dieser einfachen, ehrlichen Menschen edler und wertvoller zu nennen, als jenes verschlagene, verlogene Wesen der Inder. –

Ich musste etwas tun, da ich, wie damals Adam, von dem Apfel gegessen hatte! Ich würde Schuld auf mich laden; dessen war ich mir bewusst. –

Doch wäre ich frei von Schuld, wenn ich die Hände in den Schoß legte und zusah, wie eine wertvolle Kultur zugrunde gerichtet wurde ?

Ich fasste den Entschluss, zumindest nach Raipur und dann weiter in den Nordosten zu reisen, um mir anzusehen, was es zu sehen gab und mich danach erst zu entscheiden.

Einem schon älteren Gond, welchen ich Onkel nannte, vertraute ich meine Hühner an und bat ihn, auf mein Gemüse achtzugeben, so dass es nicht von eindringenden Rindern gefressen würde.

– Ich war reisefertig und gab als Grund für meine Abwesenheit an, etwas umherfahren und mir das Land ansehen zu wollen…..

Termingerecht traf ich im genannten Hotel in Raipur ein und nannte an der Rezeption Gautams Namen. Man versprach, mir Bescheid zu geben, wenn er eingetroffen sei und ich ging auf mein Zimmer, um mich noch etwas auszuruhen. –

– Geweckt durch die Stimme Gautams, öffnete ich die Tür und ließ den hageren Widerständler ein.

„Sie sind also gekommen,“ freute er sich, „ich habe mich nicht in Ihnen getäuscht.“

Ich gab zu verstehen, dass ich mich noch nicht endgültig entschieden habe und mir eine Zu– oder Absage für später vorbehalten wolle, nachdem ich mehr über die Art und Weise des erwähnten `Kampfes ́ erfahren hätte. Er lächelte und meinte, dies spräche nur für meine Besonnenheit und dass ich recht daran täte, nichts zu überstürzen.

Auch jetzt solle ich nicht allzu wissbegierig sein, da er in Raipur zu tun habe und heute und morgen unterwegs sein müsse. Ich solle es mir gemütlich machen; wenn wir an unserem Ziel angelangt seien, würde ich alles sehen und erfahren, was es zu erfahren gab.

Er sei überzeugt, dass ich dann die richtige Entscheidung treffen würde. Wieder lächelte er und verabschiedete sich, mit dem Hinweis, dass wir übermorgen bald nach Tagesbeginn aufbrechen würden.

Ich nutzte die Gelegenheit, meines Studentenfreundes Familie zu besuchen, die sich sehr erfreut über diese unerwartete Visite zeigte. Selbstverständlich verschwieg ich den wahren Grund meines Hierseins und sprach von einer kleinen Rundreise.

Am Abend war ich zeitig zurück in meinem Hotel und genehmigte mir nach dem Essen zum besseren Einschlafen in der doch ungewohnten Umgebung einen Mangosaft mit einem ordentlichen Schuss Whisky, der mir auch tatsächlich zu einem traumlosen Schlaf verhalf.

Am nächsten Morgen, nachdem ich geduscht und gefrühstückt hatte, fiel mir siedend heiß ein, dass ich ja ohne gültiges Visum in einer größeren Stadt unterwegs war.

Ich war braungebrannt und sprach Hindi und hatte vermutlich diesem Umstand zu verdanken, dass man mich nicht nach meinem Pass gefragt hatte. Doch konnte ich mich keineswegs darauf verlassen, auch zukünftig unbehelligt zu bleiben, weshalb ich beschloss, den Großteil des Tages im Hotelzimmer zu verbringen.

Um die Mittagszeit kam Gautam erneut auf einen Sprung vorbei und ich sprach ihm von meinem Visa–Problem. Er versprach, sich darum zu kümmern; ich solle mir jedoch nicht allzu viele Gedanken darüber machen. Würde ich als Ausländer erkannt und nach Papieren gefragt, so solle ich behaupten, mein Pass befände sich zur Zeit in Delhi zur Visaverlängerung. Dennoch solle ich das Schicksal nicht unnötig herausfordern, sondern mich, wie ich es ja ohnehin vorhatte, besser im Hotel aufhalten.

Ich war es zufrieden – und mein neugewonnener Freund machte sich wieder auf den Weg.

— Gautam mochte Anfang der Dreißig sein und machte einen gebildeten Eindruck. Seine Rede war einfach; nicht gespickt mit bloßen Schlagworten, wie man dies oft von Vertretern einer bestimmten politischen Richtung erwarten möchte, sondern zeugte von gesundem Menschenverstand.

Er mochte aus eigener Erfahrung sprechen und nicht nur wiederholen, was er sich angelesen hatte. –

Ich war äußerst gespannt, Näheres über ihn zu erfahren.

Das späte Mittagessen ließ ich mir auf dem Zimmer servieren; danach machte ich mich an meine Schreibübungen. Ich hatte in meiner Hütte, mit Hilfe des einzigen Jungen des Dorfes, welcher die Schule besuchte, begonnen, Hindi auch lesen und schreiben zu lernen, so dass ich später einmal in der Lage sein sollte, auch Zeitungen oder Bücher in Hindi zu lesen.

– Zwischendurch ließ ich mir Tee servieren und nahm einen Imbiss zu mir.

Gegen 17°° Uhr legte ich meine Lektion beiseite und las in einem englischsprachigen Magazin, welches ich mir gestern besorgt hatte. – So verging die Wartezeit. –

Am Abend wieder essen auf meinem Zimmer, danach der gleiche Schlaftrunk wie gestern.

Alles war vorbereitet für die morgige Abreise und ich hatte bereits die Rechnung verlangt, so dass ich morgen nur noch das Frühstück zu bezahlen brauchte. –

Wieder schlief ich durch und war früh genug wach, um zu duschen und mein Frühstück einzunehmen und dann auf meinen Freund Gautam zu warten.

Dieser erschien Punkt 8°° Uhr und wir machten uns in zwei Rikschas auf den Weg zum Bahnhof.

Gautam hatte die Fahrkarten bereits besorgt und es stellte sich zu meiner angenehmen Überraschung heraus, dass er ein ganzes Abteil, welches für sechs Passagiere gedacht war, gebucht hatte. Wir hatten also mit keinerlei Störungen zu rechnen und konnten es uns in aller Ruhe bequem machen und uns unterhalten.

Ich erfuhr, wohin wir im Begriff waren, zu fahren; weiter, dass ein Land, welches nicht gerade freundschaftliche Beziehungen zu Indien unterhielt, Widerständler durch Finanzmittel sowie Schulungen unterstützte. – In einem zweiten benachbarten Land, dessen Namen ich ebenfalls nicht nennen werde, wurden die Kämpfer auch an den Waffen und im unbewaffneten Kampf ausgebildet.

– Danach konnten sie an der inneren Front jenes Landes erste Kampferfahrungen in Guerilla–Taktiken erwerben. –

Nachdem wir unsere erste Station erreicht hatten, ging es weiter mit Überlandbussen, bis schließlich ein Wagen samt Fahrer für die letzte Etappe gemietet wurde.

Im Dorfe Gautams angekommen, führte er mich in das Haus seiner Schwester, in welchem er zu übernachten pflegte, wenn er in sein Heimatdorf kam. – Ein eigenes Heim unterhielt er aus naheliegenden Gründen nicht mehr.

Wir tranken Tee, ruhten uns aus und am nächsten Tag führte er mich umher. Wir besuchten etliche Häuser in diesem Ort; danach ging es weiter in benachbarte Dörfer.

Der Zweck dieser Besuche war ein recht schauriger zu nennen: Gautam führte mir Polizeiopfer vor.

– Es gab Menschen aller Altersklassen; vom Greis bis zum halben Kind, welche von der Polizei misshandelt und in einzelnen Fällen gar zu Krüppeln gemacht worden waren…. Sie alle erzählten übereinstimmend über die gleichen brutalen Foltermethoden, die wegen kleinster angeblicher Vergehen oder auch wegen des Vorwurfs der Unterstützung von Terroristen angewendet wurden.

Gautam versicherte mir, dass diese Leute, welche ich heute zu Gesicht bekommen hatte, absolut nichts mit seinen Mitstreitern zu tun hätten. Sicher gäbe es auch gefolterte Personen, welche Sympathien mit den Widerständlern bekundeten, doch befände sich kein einziger Derjenigen unter den mir heute gezeigten Opfern.

Es gäbe weiterhin Landlords, welche ungestraft mit den von ihnen abhängigen Bauern in gleicher Manier verfahren könnten und würden und dabei noch auf die Unterstützung der Behörden bauen könnten…..

– Zurück in seiner Schwester Haus, überreichte er mir eine sogenannte `Rations–Karte ́ zum verbilligten Einkauf von Lebensmitteln, welche in Indien gleichzeitig als Ausweis akzeptiert wurde.

Er stellte mir auch einen indischen Pass in Aussicht, da ich diesen für den Übergang der Grenze zum Nachbarland brauchen würde. – Er habe bereits einen Fotografen bestellt, welchen er am Nachmittag erwarte. –

Jener traf ein und nahm mich mit einem alten Schwarzweiß-Fotoapparat auf. Er versprach Gautam die Fotos für den nächsten Morgen. Bis zum Nachmittag des

nächsten Tages sollte dann auch der Pass fertig sein zur Unterschrift.

Mein neuer, indischer, Name wäre dann `Ashok Kumar ́, geboren in Raipur, Madhya–Pradesh.

Auf eben diesen Namen war auch die Rations-Karte ausgeschrieben, welche indessen kein Photo benötigte.

– Zwei weitere Tage blieben wir in jenem Dorf, welches nicht allzu weit der Grenze des Landes lag, in welches uns zu begeben wir nun im Begriff waren.

– Die bewusste Grenze war erreicht; es war der 21. Oktober 1978; keinerlei Probleme mit meinem neuen, indischen Pass. Mit einem holprigen Bus ging die Fahrt weiter; danach ein leichter Tagesmarsch zu Fuß.

Das sogenannte `Camp ́ bestand aus drei großen Zelten und war Unterkunft für weniger als sechzig Personen.

In den nächsten sechs Monaten sollte ich alles lernen, was zum bewaffneten Guerilla-Kampf notwendig war.

Im Dschungel kannte ich mich bereits einigermaßen aus und konnte Jagd– und Essbares finden, sollte ich einmal darauf angewiesen sein.

Das Hauptaugenmerk war der bewaffnete sowie unbewaffnete Kampf. Einzelne Feinde beschleichen und lautlos unschädlich machen; dazu war auch das Bogenschießen, welches ich ja schon beherrschte, geeignet.

Gautam äußerte die Hoffnung, dass ich, der ich ja das Vertrauen der Eingeborenen in meinem Distrikt besaß, nach meiner Rückkehr wahrhaft Interessierten und Geeigneten eine ebensolche Schulung und ebensolches Training angedeihen ließe. Es könne Vieles erreicht werden, wenn in unterschiedlichen Gebieten des Landes die unterdrückten Volksgruppen an einem Strang zögen.

Gautam nannte mich einen hervorragenden Schüler, was mich stolz machte;tatsächlich gab ich mir alle erdenkliche Mühe, alle nur möglichen Kampfesweisen zu erlernen.

Theoretische Schulung, das heißt, politisch gerichtete Überzeugungsarbeit, war für mich nicht nötig, da ich selbst ja bereits im gleichen Sinne tätig war.

Ich lernte außerdem, mit einfachen Sprengstoffen umzugehen, was bei Überfällen, auf Polizeistationen beispielsweise, von Nutzen sein konnte.

Nach sechs Monaten reiste ich wieder ab; begleitet von Gautam bis hinter die indische Grenze.

– Er nahm mir das Versprechen ab, wann immer mir meine Verpflichtungen die Zeit dazu ließen, doch bei ihm und seinen Leuten vorbeizuschauen. Ich wüsste nun genügend Bescheid, so dass ich ihn und andere Kämpfer ohne Schwierigkeiten finden würde.

Ich fuhr wieder zurück in mein Dorf und begann, erst durch Reden, dann durch gezieltes Training, einige Leute zu motivieren und aufzubauen, welche dann später wiederum andere Geeignete trainieren sollten. Ich bewohnte weiterhin meine alte Hütte, verschwand aber immer wieder für unbestimmte Dauer mit meinen Leuten in die Berge Abuzmars, wo sich für derlei Training das

geeignetste Terrain befand.

Meine Leute waren durchweg Gond. Geeignete Mariah zu finden, erwies sich, zumindest zum jetzigen Zeitpunkt, als schlicht unmöglich.

Sie verstanden nicht die Zusammenhänge, da ihr Gebiet noch nicht von Indern besiedelt war und nur einige von ihnen, bei Marktbesuchen in Chhotte Dongar, mit Indern in Kontakt kamen, abgesehen von zwei oder drei Händlern, die es auf sich nahmen, in Abuzmar Tauschhandel zu treiben. – Doch hatten Mariahs noch nicht das Gespür für den wahren Wert ihrer Güter, so dass sie nicht das Bewusstsein entwickelten, betrogen worden zu sein.

In kleineren Grüppchen trainierten wir auch in unseren eigenen Wäldern; doch immer wieder marschierten wir in das einsame, verschwiegene Abuzmar, in dem alle erdenklichen Wildtiere, wie selbst der gewaltige Gaur, zu Hause waren.

Im Bogenschießen und lautlosen Sichbewegen waren die Gond ohnehin Meister, doch alles Weitere mussten sie von Grund auf erlernen. – Sie waren keine Kämpfer im Sinne des Wortes und sie mussten immer wieder durch das Feindbild angespornt werden.

Ich begann, ein `falsches ́ Tagebuch zu führen, was für mich eine immense Arbeit bedeutete; schließlich musste ich mit jenem Tage beginnen, an welchem ich hier eingetroffen war.

Das hieß, ich musste mehr als anderthalb Jahre auf dem Papier zurückdatieren. Dies war als Vorsichtsmaßnahme für den Fall der Fälle gedacht und ich trug alltägliche, banale Dinge ein.

Ich versuchte, anhand des Kalenders, mich an wichtige Ereignisse, wie beispielsweise Feiertage, an welchen ich im Inderdorf gesehen wurde, zu erinnern und dies bedeutete wirklich eine Riesenanstrengung, bei all dem Anderen, das ich nun zu bewältigen hatte.

Im Herbst 1979 machte ich mich erneut auf den Weg, um Gautam und seine Gruppe zu besuchen; ich blieb zwei Wochen und kehrte dann auf gleichem Wege wieder zurück.

Das Training ging weiter und ich vervollkommnete meine Sprachkenntnisse weiterhin; so auch das Lesen und Schreiben in Hindi.

— Noch zweimal war ich unterwegs in den Nordosten; doch muss ich diesmal nicht nur den Ort, sondern auch die genaue Zeit verschweigen. – Hatte ich bisher nur trainiert, so waren bei diesen beiden Reisen andere Aufgaben zu bewältigen und beim zweiten mal überschritt ich auch die Grenze zu jenem Geldgeberland. – Dort blieb ich dreieinhalb Wochen als inoffizieller Gast des Landes und kehrte dann wieder mit jener Person, die mich von Gautam weggeführt und dorthin gebracht hatte, zu meinem Kämpferfreund zurück.

Man hatte einen Langzeitplan erstellt und wollte wissen, was ich, mein Gebiet betreffend, davon hielte. Ich vertrat meine Zweifel, das Ziel ohne Hilfe aus anderen Gebieten erfolgreich erreichen zu können. – Das Hauptproblem bestand nach meiner Meinung im Analphabetismus der Menschen dieses Teiles von Madhya Pradesh, so dass die Erreichbarkeit und Mobilisierung der Massen empfindlich erschwert sein dürfte. Es musste zuvor Aufklärungs– und Überzeugungsarbeit zur Bildung und somit politischem Verständnis, betrieben werden.

– Dies alles hatte ich den Unterstützern unserer Sache dargelegt und Gautam gab mir recht, als ich ihm nach meiner Rückkehr darüber Bericht gab.

– Gautam hatte von meinem Begleiter eine Order erhalten und wollte nun wissen, ob ich ihn und seine Leute begleiten wolle. Es waren keine Übungen zu absolvieren, sondern diesmal war es ernst.

Mehrere Polizeistationen sollten überfallen werden; wohlgemerkt nicht in Indien, sondern in jenem kleineren, benachbarten Land, in welchem Gautam mit seiner Gruppe zur Unterstützung der einheimischen Guerilla trainierte und in dem wir uns eben befanden.

– Der Funke sollte irgendwann nach Indien überspringen. – Ich stimmte zu; schließlich musste ich irgendwann doch an die Front und so würde dies meine Feuerprobe sein.

Es stand zu erwarten, dass nach kurzem Schusswechsel die Polizisten die Flucht ergreifen und ihre Waffen zurücklassen würden.

Genauso kam es denn auch. Zeitgleich wurden fünf Polizeistationen angegriffen und ohne eigene Verluste konnten die Reviere aller Waffen beraubt und anschließend in Brand gesetzt werden.

Drei Polizisten hatten den Tod gefunden – und es war ein eigenartiges, betäubendes Gefühl, als mir klarwurde, dass ich Mitverantwortung daran trug.

Die fünf Stationen lagen außerhalb der bereits von den Widerständlern kontrollierten Gebiete und somit würde der Überfall für nicht geringe Aufregung sorgen. Dennoch war Gautam sich im Klaren, dass man das eigene Gebiet zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausweiten konnte; doch es war ein Zeichen gesetzt für die unzufriedene Bevölkerung des Landes.

Ich kehrte zurück nach Umagaon, um mit dem üblichen Training fortzufahren und auch, um neue Anhänger zu gewinnen.

Wir begannen, Schulen im Freien einzurichten. Lesen und Schreiben zuerst; später sollte politische Bildung dazu kommen.

Im Oktober 1980 kamen zwei Leute Gautams und brachten schlimme Nachricht.

Gautam sowie zwei weitere Widerstandskämpfer waren beim Grenzübertritt auf indischer Seite gefasst und so schwer gefoltert worden, dass keiner der Drei die Misshandlungen überlebt hatte.

– Ihre verstümmelten Leichen hatte man auf einem Feld gefunden. Mittlerweile war durchgesickert, wer für die Folterungen verantwortlich war und die Kämpfer beabsichtigten, Rache zu üben.

Die Beiden hatten Fotos mitgebracht, welche die drei verstümmelten Leichen zeigten. – Ich war entsetzt und wutentbrannt entschloss ich mich, mit den Beiden zurückzukehren. – Auch ich wollte Rache !

Überhastet packte ich und wir fuhren los; erst unterwegs bemerkte ich, dass ich, anstatt des falschen, indischen Passes, den echten, deutschen Pass eingesteckt hatte und somit wieder einmal ohne Visum unterwegs war. Da wir jedoch bereits zu weit gekommen waren, ließ sich nichts mehr an dieser Tatsache ändern. – Bisher war es stets gut gegangen; also sollte es auch diesmal wieder klappen.

Außerdem hatte ich Wichtigeres zu erledigen, als mir wegen eines falschen indischen Passes Kopfzerbrechen zu machen !

– Ein grenznaher Polizeiposten, dessen sechsköpfige Besatzung für die Untat verantwortlich war, war das Ziel. Der Plan der Kameraden war, den Posten mit selbstgebauten Minen zu sprengen.

Doch ich war dagegen. Ich wollte diese Bestien lebend haben; sie sollten wissen, was und wie ihnen geschehe und auch das Warum sollten sie erfahren !

Fünf Wochen dauerte es, bis die Folterknechte endlich wieder gemeinsam ihren turnusmäßigen Dienst verrichteten.

In einer Überraschungsaktion stürmten wir den Posten und nahmen alle Sechse gefangen. Wir schleppten sie über die nahegelegene Grenze; jedoch auf Schleichwegen durch die Wälder und freilich nicht über den offiziellen Grenzübergang.

Etwa einen Kilometer vor dem Camp der Freunde hielten wir an, um die Sechs abzuurteilen.

Das Verfahren war denkbar einfach. Mit einem starken Bambusrohr in der Hand schritt ich vor ihnen auf und ab und fragte sie, wer von ihnen für den Tod unserer Freunde verantwortlich sei. –

Ein jeder der Folterknechte versuchte, den Anderen die alleinige Schuld und Täterschaft zuzuweisen; sich selbst aber als Denjenigen erscheinen zu lassen, Welcher mit der Sache nichts zu tun habe.