Aus dem Verse-Band WOLKENKÖNIG
Weißt du noch…?
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Weißt du noch, wie glücklich wir waren
in unser Beider Kinderzeit,
als wir naiv und unerfahren ?
– Beim Spiel es gab nur selten Streit.
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Gemeinsam in die Schul’ wir gingen;
– wie eine Schwester warst du mir.
Mit dir schien alles zu gelingen;
– stets sah ich gläubig auf zu dir.
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Wir wurden älter – wurden reifer,
doch blieben wir einander nah.
Umwerben tat ich dich voll’ Eifer;
– ich niemals eine And’re sah.
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– Erinnerst du dich an mein Weinen,
als ich dann Abschied von dir nahm ?
– Wir würden wieder uns vereinen,
wenn von der Reis’ zurück ich kam.
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Davon ich zog, um zu studieren
die fernen Dinge dieser Welt.
Nie dachte ich, dich zu verlieren,
da du doch schienst für mich bestellt.
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Kannst du dich noch daran erinnern,
wie groß mein Elend und mein Schmerz;
– wie du mich trafst in meinem Inner’n,
als du mir brachst mein gläubig’ Herz ?
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-Als ich dich fand mit Mann und Kindern,
bei meiner Rückkehr nach viel’n Jahr’n.
Ich hatt’ es können nicht verhindern;
— hatt’ es ja nicht einmal erfahr’n…
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– Weißt du noch, wie darnieder ich lag,
nachdem getrunken lange Zeit.
– Die Nächte hatt’ ich gemacht zum Tag;
– war nicht zur Ruhe mehr bereit.
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Ich weiß noch, wie nach der Genesung
ich meldete mich zur Armee.
Als Söldner suchte ich Erlösung
und hoffte, daß der Schmerz vergeh’.
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–Nun, da ich alt, ich fand dich wieder.
Auch du bist wiederum allein;
— auch dich die Gram gebeugt hat nieder.
— Wie könnte es auch anders sein …?
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